Kokyu-Ho

Energieentfaltung mittels Atemkraft-Übung

 
 
Kokyu-Ho ist eine Übung zur Entwicklung von Atemkraft. Im Yoga ist der gebräuchliche Begriff Pranayama, das Zusammenführen von Körper und Geist durch Atemübungen. Diese Lebensernergie bezeichnen wir im Aikido aus dem japanischen Hintergrund "KI". Diese vitale Energie, Kraft, Fluidum, dieser kosmische Geist ist weder physischer noch geistiger Natur.
 
Wir beginnen das Training meist mit der Grundübung, bewusst ausgeführte Atemübungen, der Regulierung und Vertiefung der Atmung. Bei diesen verschiedenen Techniken arbeiten wir mit unterschiedlichen Muskelgruppen, Zwerfell, Brust-, Bauch- und Beckenbodenmuskeln. Durch diese Übungen verliert unsere Atmung den zwanghaften Charakter der bei Angst, Erschrecken und Anstrengung auftritt. Eingefahrene, unbewusste Gewohnheitsmuster werden so sanft einer bewussten Veränderung zugänglich gemacht. Wichtig für die Kokyu-Ho-Übungen sind darum die Auswirkungen auf den bewussten Muskeltonus. Diese Körperspannung kann direkt mit der Atemkraft kontrolliert werden. Ein Spannungsverhältnis zwischen hohem und tiefem Tonus (Eutonus) erleichtert die Lenkung der Bewegungen des Partners und der Kräfte. Diese taktile Wahrnehmung kann so reflexartig auf geringfügige Änderungen antworten. Mit den Atmungsübungen lernt man auch wie das kontrollierte Ausatmen durch eine ganze Bewegungssequenz gelingen kann. Durch das reflektorische Gegenhalten des Beckenbodens kann man den entsprechenden Körpertonus während der Übung beibehalten und ansatzlos auf Veränderungen der Kräfte reagieren. Die Atemenergie fliesst dorthin wo sie gebraucht wird und leert nicht aus. Dies wird durch den geschlossenen Beckenboden verhindert. "KI", diese universelle, göttliche, neutrale Energie kann sich überallhin ausbreiten. Sie hat keine Absicht, keine Erinnerung.
 
Innere Kampfkünste wie Aikido und TaiChi entwickeln daraus das Prinzip des "Aiki", der Abstimmung der Bewegung auf das universelle Ki; um damit die kontrahenten Energien zu harmonisieren. 
 
Kognitive, willentlich geführte Bewegungen stehen im klaren Gegensatz zu Kokyu-Ho-Übungen. Um Techniken, Bewegungsabläufe, Kondition und Dynamik zu fördern sind erstere unabdingbar und wichtig und so auch immer Bestandteil vom Training. Es braucht aber ein tiefes Verständnis vom Atem-Kraft um mit den gelernten Techniken das Prinziip des Aiki anzuwenden. Mit den Kokyu-Ho-Übungen werden diese Fähigkeiten gesondert trainiert.
 
Eine optimale Ausführung von Aikido-Techniken setzt sich zusammen aus: einer Harmonisierung mit der Angrifftsbewegung, ein exaktes Timing (Awase), eine stabile und zentrierte Körperhaltung und speziell eine ausgewogene Körperspannung (Tonus) und als zentrales Element, die kontinuierlich entspannte Ausatmung.
 
 

Haeder Lee
2016